Eine Freundin – nennen wir sie Clara – berichtete mir letztens von einer netten Bekanntschaft, die sie geschlossen hatte. Die Schwärmerei über den Typen kratzte meine Aufmerksamkeit nicht einmal an. Als sie mir aber erzählte, wie sie ihren neuen Schwarm kennengelernt hatte, horchte ich auf: Die beiden haben sich bei Quizduell „getroffen“, viel miteinander gechattet und sind letztendlich im Bett gelandet. Da drängte sich mir eine unvermeidbare Frage auf: Kann man bei Quizduell wirklich Leute kennenlernen? Singles mit Niveau finden sich scheinbar doch nicht auf irgendwelchen Internetplattformen, sondern direkt auf dem Smartphone vor mir. Das schrie nahezu nach einem kleinen Selbstversuch, denn eine neue Bekanntschaft konnte ich nach der letzten gescheiterten Beziehung auf alle Fälle gut gebrauchen.

 

Tag 1
Voller Euphorie beginne ich, unzählige Spiele mit „beliebigen Spielern“ zu beginnen. Da die kostenlose Version nur eine begrenzte Anzahl zulässt, werden die 2,89€ in die Premium Version investiert. So viel muss einem die Wissenschaft schließlich wert sein.
Die ersten kleineren Gespräche setzen ein und ich unterhalte mich über meist ziemlich banale Themen. Der Versuch erscheint mir insofern erfolgsversprechend, dass einige Mitspielerinnen sogleich eine Revanche fordern und sich gar nicht mehr von mir losreißen können. Und was mir ebenfalls auffällig erscheint: Je mehr richtige Antworten meine Mitspieler erlangen, desto weniger Interesse scheinen sie daran zu haben, sich mit mir über Banalitäten auszutauschen. Zumindest macht sich diese Vermutung in mir breit. Auch wenn man Allgemeinwissen nicht mit Intelligenz gleichsetzen darf, ruft mir eine Stimme aus dem hintersten Teil meines Gehirns schweigend mit großem Ausrufezeichen zu: „Dumm f**** gut!“

 

Tag 3
Ich spiele weiter. Immer weiter. Teilweise befinden sich 30 offene Spiele in meinem Startbildschirm. Und ein Freund bringt mich auf eine weitere Idee. Es kursieren Gerüchte, dass die zufälligen Spieler nach der eigenen Region ausgewählt werden. Sprich: Der Algorithmus im Spiel erkennt automatisch den Standort des Spielers und bringt „nahegelegene“ Quizer zusammen. Das wäre für meinen Versuch natürlich optimal.
Allerdings werde ich nach über 30 weiteren Mitspielern, die ich nach ihrer Herkunft frage, enttäuscht: Zum einen bekomme ich nur selten eine Antwort, zum anderen besteht keinerlei Zusammenhang zwischen meinem und deren Wohnort. Von Hannover bis Wien ist alles dabei. Der mir bis dato am nächsten wohnende Spieler stammt aus Nürnberg, ist 34 Jahre alt und heißt Bernd. Klingt nicht wirklich verlockend für ein Date. Ebenso muss ich den ersten Eindruck revidieren: Die Punktzahl im Spiel sagt überhaupt nichts über die Dialogbereitschaft aus. Die anfängliche Euphorie legt sich langsam. Doch aufgeben ist keine Option.

 

Tag 5
Ich werde immer besser. Viele Fragen kenne ich bereits und kann diese richtig beantworten, ohne überhaupt zu wissen, was genau die Frage war. Die Durchschnittspunktzahl klettert steil nach oben. Ebenso mein Ranking innerhalb Deutschland: Knapp 4 Millionen Ränge habe hinter mir gelassen und befinde mich nun in den Top 1 Millionen Spieler. Die knapp 100 Spiele machen sich also deutlich bemerkbar. In Bezug auf neue Bekanntschaften stagniert die Zahl allerdings weiterhin bei Null – auch wenn ich die ein oder andere ganz nette Unterhaltung gefunden habe, die mich seit dem ersten Tag des Versuchs begleiten. Ein Kurztrip nach Potsdam ist derzeit aber leider nicht drin – geschweige denn, dass ich mir nicht sicher bin, ob die Bereitschaft hierzu von der Potentiellen Gastgeberin gegeben wäre. Nur eine nette, Mitt-40er Dame aus Hannover wäre zu mehr bereit. Doch so wichtig ist mir der Erfolg des Versuchs nun doch wieder nicht.

Tag 7
Es ist zum Verzweifeln. Ob mit Humor, Banalitäten oder langen Gesprächen über unzählige Matches hinweg – nichts mag funktionieren. Selbst wenn ich meinen Aktionskreis um weitere 100 km erweitere, bleibt das Unterfangen erfolglos. Dabei würde doch meine gesamte Uni stundenlang im Spiel hängen. Warum spielen all die kleinen, blonden Grundschulmausis, die ihren Studiengang nur wählten, weil sie „Kinder toll finden“, denn nicht mit mir? Diese wären sogar naiv genug, sich darauf einzulassen. Selbst völlig verzweifelte Hilferufe wie „Woher kommst du? Schlaf mit mir!“ sind erwartungsgemäß ohne Erfolg.

 

Tag 8
Deprimiert über das Ergebnis beende ich den Versuch. Einige Spieler sind zwar in meiner Freundesliste gelandet, aber ohne Ambitionen, diese Menschen je in der Realität zu treffen. Es sind einfach nur nette Mitspieler. Das scheint das Problem an dem ganzen Versuch gewesen zu sein: Die anzutreffenden Leute spielen nicht Quizduell, um irgendjemanden kennen zu lernen oder sich gar mit diesen zu verabrede. Es geht ihnen nur um den intellektuellen Schwanzvergleich und das Gefühl, besser zu sein als die anderen und somit ihr Selbstbild aufrecht zu erhalten. Und natürlich des Spaßes wegen.
Ich erkläre also die Aktion für gescheitert und alle Gerüchte, die sich mit „regionalen Mitspielern“ oder „Datingplattform der anderen Art“ beschäftigen, für widerlegt. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass auch Clara nur wenig Glück hatte. Karl hatte beim dritten Date bei sich zu Hause nämlich vergessen, die Bilder seiner Lebensgefährtin abzuhängen. Hätte Clara wohl besser nach seinem Beziehungsstatus fragen sollen, statt sich mit „Wunder der Technik“ abzuplagen.
Um meinen Selbstversuch nicht völlig einsam zu beenden, besuche ich eine gute Freundin. Und Bettgefährten anschließend dazu zu bringen, Quizduell zu spielen, ist letztendlich deutlich einfacher als andersrum.